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CU there !

Red Flash

Zweistufige "Red Flash"

Original Text und Bilder vom Baubericht aus dem EURocketry-Forum !

Eigentlich ist sie bereits eine alte Lady, erbaut 1999, trotzdem ist es sinnvoll hier einmal eine kurze Dokumentation zur "Red Flash" abzuliefern, da ich immer wieder nach "Staging von High Power Raketen" gefragt werde.

Die Red-Flash basiert auf Teilen des PML "Quantum Leap" Bausatzes, ist aber stark modifiziert. Der Booster wurde verlängert, die ganze Bergung, Zündung und Avionik wurde komplett neu entwickelt, das einzige was noch an das PML Modell erinnert ist die unverkennbare Form.


Im Jahre 2000 flog die "Red Flash" zum ersten Mal am LDRS in Orangeburg, South Carolina, USA. Und mit Bildern von diesem ersten Auftritt will ich dieses Thema beginnen.

So weit entfernt von der Heimat muss man auf bequeme Camping-Tische verzichten und auf einfachere Infrastrukturen beim Vorbereiten der Rakete zurückgreiffen.


Posieren für RocketMan, der sich am Autolack-Finisch begeisterte...

Und natürlich posieren mit Sue McMurray...

 


Dann gings ab zum Start. Für den Erstflug war im Start-Booster ein J350-W drinn, in der Oberstufe (Sustainer) ein I161-W.

Huch, wer ist denn da noch neben mir im Bild ;)


Da nach TRA Reglement Zünder erst auf der Rampe in High Power Treibsätze eingebaut werden dürfen, musste der Treibsatz der Oberstufe am PAD eingebaut werden.

Oft werden dafür besondere "Prepping Areas" vor den Schranken des Zuschauerbereichs zugewiesen, in Orangeburg musste dies aber direkt am Pad geschenen, was sich als Stress erwies.

Schliesslich wollte ich nicht 10 Leute warten lassen bis "the Swiss guy" seinen Kram zusammen hatte.


Was auch fehlte war eine Leiter! Zum Glück war "der Lange aus Schweden" (Rolf Orell Wink ) dabei und konnte nicht nur armieren sondern sogar sehen, dass der Höhenmesser und Timer Kontakt meldeten.

Letzte Checks vor dem Start...

Die Startfotos auf einem J350 / I161. Gleich am Start zog die Rakete leicht zur Seite weg, um dann aber stabil und gerade mit einem Winkel von etwa 20° zur Senkrechten weiterzufliegen.

Burnout des J350

Rund eine Sekunde nach Burnout wird durch die Bordelektronik die Stufentrennung eingeleitet und eine weitere Sekunde später die Oberstufe gezündet.

Oft wird für die Stufentrennung schlicht und einfach die Oberstufe gezündet, was ich für sehr unschön halte.

Oder aber man verlässt sich auf "Drag Separation" (Trennung durch Luftwiderstand), was aber in der Regel nur funktioniert, wenn die abzutrennende Stufe wesentlich mehr Luftwiderstand (Durchmesser, Flossengrösse) hat als die Oberstufe. Dies ist bei der Red Flash so nicht gegeben.

Alle Teile, auch die Stufen, werden sogar durch Shear-Pins zusammengehalten, so dass sichergestellt ist, dass die Trennung nur zum vorgesehenen Zeitpunkt erfolgt!

Stufentrennung geglückt, bitte die kleine Wolke weit hinter der Rakete beachten (Rauch der Trennladung)


Zündung des I161 in etwa 600m Höhe

Durch die leicht schiefe Flugbahn, kombiniert mit einer doch beträchtlichen Flughöhe von über 1.5km, landete der Sustainer etwas über einen Kilometer von der Rampe weg.

Wir fanden Ihn in einem Graben, unbeschädigt.

Der Startbooster landete etwa 200m neben der Rampe.


Fotos vom Bau habe ich leider keine gemacht, jedoch bin ich derzeit an einem kleinen Umbau (für ALRS) und werde dabei das Innenleben fotografieren.

Der strukturelle Aufbau ist klassisch. Die Körperrohre wurden mit 2 Lagen 160g/m2 Glasfaser verstärkt, die Glasfaserflossen sind "Through the wall" montiert und die Leimstellen auf Motorhalter und auch innen und aussen am Körperrohr wurden mit schmalen Glasbändern verstärkt.

Hier mal ein Systemschema der Red Flash.

Der Booster hat im Interstage-Segment einen 2-Kanal Timer (BlackSky) an Bord, welcher zum Einen für die Stufentrennung zuständig ist und zum Zweiten für den Ausstoss de Booster-Fallschirmes. Die Ausstossladung des Booster-Treibsatzes dient als Backup-System.

Im Sustainer sitzt ein ALTACC, welcher im Wesentlichen für die Bergung zuständig ist.
Auch hier verwende ich die Ausstossladung des Treibsatzes als Backup für den Ausstoss des Drogue-Fallschirms am Gipfelpunkt.

Ein zweiter Timer2 is für die Oberstufenzündung zuständig. Allerdings kann der Timer2 keinen Treibsatzzünder direkt zünden, weshalb ich ein kleines "Booster-Board" mit eigener Batterie dazwischen geschaltet habe.


So, nach dem kleinen Fotoalbum am Anfang nun zum Innenleben der Red Flash, und zwar aus aktuellem Anlass: Die Red-Flash kriegt im Moment gerade eine Verstärkung und ein aufgefrischtes Farbkleid, nachdem dieses von diversen Reisen nun doch schon etwas ramponiert war.

Wie gesagt habe ich die Rakete strukturell (das heisst Flossenmontage, Motor-Mount, Stufenverbindung) seinerzeit so aufgebaut wie von PML vorgesehen, mit Ausnahme der Glasfaserverstärkung des Rumpfes. Allerdings habe ich gleich zu Anfang in einem Punkt eine Verstärkung vorgesehen, und zwar an der Flügelwurzel der Sustainer-Flossen.

Original legt PML einen Streifen Glasfaser bei, welches auf die untersten 2cm der Flosse über das Körperrohrsegement und wieder auf die untersten 2 cm der benachbarten Flosse laminiert wird. Das ist zwar eine beträchtliche Verstärkung, aber ich habe hier von Anfang an 2 zusätzliche Lagen 160g/m2 Glasfasermatte mit verarbeitet.

Aufgrund der hohen Geschwindigkeit welche die Oberstufe erreichen kann (weit Ueberschall!) ist diese Verstärkung unbedingt zu empfehlen.

Nach Entfernung der alten Farbschicht und vor der weiteren Verarbeitung ist diese Flossenwurzel schön sichtbar, ebenso wie der aufgeklebte Kabelkanal (es gibt 2 davon), in welchen hier die Zündleitungen für die Ausstossladung des Booster-Bergungssystemes laufen.

Hauptgrund für den Umbau ist die nach wie vor ungenügende Steiffigkeit der 1.5mm starken GFK Flossen.
Hier ein paar Flugbilder, um zu dokumentieren was ich meine:

http://www.dph.com/vidroc/XPRS_2004/video/USS_Bakula_HiRes.mov

Diese Quantum Leap flog auf K550 -> K185 und hatte mit einer Lage Glasfaser verstärkte Flossen!!!

Nun habe ich zwar nicht vor, die Red Flash auf einer annähernd gleich performanten Motor-Kombination zu fliegen, das lassen die Motormounts schon nicht zu, trotzdem habe ich beschlossen im Zuge der Farbkosmetik der Rakete auch etwas "Viagra für Flossen", auch bekannt als Carbon-Gewebe, zu gönnen.

Carbon ist extrem steiff, ich hatte schon erfolgreich die Flossen meiner 1/2 Scale Patriot so verstärkt. Nachdem die Flossen sauber geschliffen und mit White Spirit gereinigt sind, wurden sie mit Laminier-Epoxy eingestichen und mit einer Lage 200g/m2 Carbon belegt.

Man beachte den Abschlussstopfen aus einem Koppler-Rest mit eingeklebtem Bulkhead, welcher verhindert, dass die Innenseite kontaminiert wird. Kunststoff-Klebeband verfindert ein festkleben.

Thomas Wicki hat dankenswerterweise die Schritte fotografisch dokumentiert.


Aufbringen des Carbon-Gewebes

Nachdem das Gewebe sauber positioniert ist und auch in den Flossenwurzeln sauber anliegt, wird von aussen vorsichtig genügend Epoxy für eine vollständige Benetzung aufgebracht.

Eine weitere Verstärkung erfolgt durch einen zusätzlichen Carbon-Streifen.

Diese Schritte mussten für alle vier Quadranten gemacht werden.

Vollständiges Benetzen, ohne überflüssiges Epoxy aufzubringen. Das Gewebe muss überall befeuchtet sein, ohne eingeschwemmt zu werden.


Verstärkung mit zusätzlichem Carbon-Streifen

Nachdem alle Carbon-Lagen aufgebracht sind, geht es an den Aufbau eines Vakuum-Sackes.

Als erste Schicht kommt ein sogenanntes Abreissgewebe.

Dieses kann nach Aushärtung des Epoxy wieder abgerissen werden und hinterlässt eine saubere, leicht rauhe Oberfläche welche sich ideal zur Weiterverarbeitung eignet. Zudem ist es für überschüssigen Epoxy-Harz durchlässig.


Nächste Lage: Perforierte Kunststoff-Trennfolie.

Kleine Löcher sorgen dafür, dass nach wie vor Epoxy abgeleitet werden kann, jedoch kleben alle aussen liegenden Schichten nicht mehr fest.


Weiter geht es mit einem Absaugvlies (Bleeder). Dieses dient dazu, überschüssigen Harz aufzunehmen, vor allem aber auch wird das Vakuum darüber im ganzen Sack verteilt. Ohne Bleeder kriegt man kein vernünftiges Vakuum hin.

Natürlich ist das Ganze ein riesiges "Gefummel", die vielen Blätter wollen sich lösen/verschieben/runterfallen, aber mit strategisch angebrachtem Klebeband lässt sich alles irgendwie fixieren.

Erster Bleeder positioniert


Alle Bleeder montiert

Ja, darauf bin ich auch gespannt, im Moment ist die lästige Vorstufe dazu in Arbeit: Schleiffen, schleiffen, schleiffen...

Aber alles schön der Reihe nach. Wir waren ja beim Aufbau des Vakuum-Sackes.

Eins muss hier gleich vorweg in aller Deutlichkeit gesagt sein: Ohne Einsatz von Profi-Materialien kriegt man so einen komplizierten Sack nie dicht!

In diesem Falle ist der Schlüssel zum Erfolg sogenanntes Hochtemperatur-Dichtband. Dies ist eine Kaugummi-artige Dichtmasse, welche als Band auf Rolle zu beziehen ist.

[schleichwerbung] Die wesentlichen für Raketenmodellbau nötigen Materialien habe ich bei Spacetec am Lager, so spart man sich eine weitere Bestellung und die zusätzlichen Portokosten[/schleichwerbung]

Dieses Band dient zur Verbindung der Vakuumsack-Folie mit sich selber, aber auch mit dem Bauteil bzw. der Form, wo dies nötig ist. Die Rückseite ist mit einem Schutzband versehen, welches erst abgezogen wird, wenn die Folie wirklich aufgeklebt wird. Das Material ist extrem zäh und klebrig!


Mit 4 Stück elastischer Vakuum-Folie wird der Sack geformt. Hierbei sorgt wiederum das Dichtband für die luftdichte Verbindung der Folienstücke untereinander bzw. mit dem Rumpf.

Das ganze ist ein wenig eine Fummelarbeiten, weil natürlich sowohl der innere Schichtaufbau aus Abreissgewebe, Trennfolie und Bleeder nicht unbedingt dort bleiben wollen wo sie sind, als auch die neu aufzubringende Aussenfolie ein Eigenleben hat.

Es braucht etwas Geduld und Uebung, aber letztere macht ja bekanntlich den Meister.


Zum Schluss wird hintene in Abschlussstück eingepasst

Lohn der Arbeit ist am Ende (zwingend nach weniger als 1 Stunde, schliesslich wartet der Harz mit dem Abhärten nicht ewig) ein Vakuumsack, welcher hoffentlich dicht ist.

Das Motormount-Ende wurde, wie anfänglich gezeigt, mit einem Stopfen abgedichtet, damit das Vakuum nicht da durch entweichen kann. Ein weiterer Stopfen auf dem vorderen Rohrende verbessert die Dichtung.

Also Kompressor anschliessen... und langes Gesicht machen, denn natürlich ist der Sack jetzt noch nicht dicht! Irgendwo hat sich mit Sicherheit ein kleines Luft-Leck eingeschlichen, welches es zu dichten gilt. Alle Verbindungen müssen abgesucht werden, Falten in der Folie und Ueberlappungen sind oft Fehlerquellen.

Das Ohr hilft dabei, die Lecks zu finden, denn sie verraten sich durch ein leises Zischen, welches die einströmende Luft verursacht. Nach 5 Minuten horchen und Wegkneten von Lecks war der Sack dann dicht.


Wo leckt er bloss, wo leckt er bloss... Immer noch entsteht kein Unterdruck...

Endlich ist der "&%*!+!!"-Sack dicht!

Endlich entsteht der gewünschte Unterdruck, welchen ich in diesem Falle auf 0.5 Bar eingestellt habe. Das reicht dicke um überschüssigen Epoxydharz aus dem Laminat herauszudrücken und für einen perfekten Kraftschluss zwischen Kohlefaserfolie und Unterbau zu sorgen.

Gerade bei dieser Anwendung ist das für die Qualität des Resultates mit entscheidend.

Ohne Vakuum wird im Endresultat deutlich weniger Steiffigkeit der Flosse resultieren. Vor allem aber auch ist es ohne Vakuum kaum möglich, eine kraftschlüssige Verbindung zwischen Laminat und Unterbau an der Flossenwurzel zu erreichen, da dich das Laminat aufgrund seiner Neigung sich zu strecken immer wieder abhebt und so Lufteinschlüsse entstehen.

Deutlich ist zu sehen, wie der überschüssige Harz durch die regelmässig verteilten Mikrolöcher der Trennfolie in den Bleeder gedrückt wird.

Nachdem alles hart ist, kann der Bleeder problemlos abgerissen werden, da jeder dieser Harz-Punkte nur an einer winzig kleinen Stelle mit dem eigentlichen Laminat verbunden ist. Obwohl das Laminat sehr sparsam getränkt worden ist, werden immer noch beträchtliche Mengen Harz herausgedrückt!


Sack ist dicht und die Pumpe kann nun über Nacht laufen und den eingestellten Druck beibehalten.

Nachdem zum Vakuum-Verfahren keine Fragen aufgetaucht sind, will ich nun mal auf grundsätzliche konstruktive Probleme und Internals eingehen.

Für das Staging von HPR Raketen gibt es verschiedene gängige Verfahren. Sehr gebräuchlich ist das Verfahren, im Booster drei oder vier Stäbe und im Sustainer entsprechende Rohre einzukleben.

Diese Verbindung ist sehr fest und sehr leichtgängig, wenn sie präzise gebaut ist, was mit Hobby-Mitteln vor allem bei nicht allzu grossen Raketen nicht ganz einfach ist. Sind die Stäbe oder Rohre nicht ganz genau parallel montiert, kann die Verbindung leicht klemmen.

Hier das Beispiel einer von Andreas Müller am LDRS fotografierten Rakete


Eine zweite Variante ist das Rohr-Kuppler Verfahren, wie es auch von PML in der Quantum Leap eingesetzt wird.
Nachteil dieses Verfahrens ist die nur mässig präzise Kopplung, die geringe Seitenführung und auch Einschränkungen bei der Flossenmontage.

So sind bei der Quantum Leap die Flossen des Sustainers nur in der vorderen Hälfte "Through the Wall", mit ein Grund für die von mir gewählte massive Verstärkung der Flossenwurzel.

Im ersten Bild dieses Beitrages ist der Interstage Teil schön zu sehen. Zum einen ist diese "Spitze des Boosters" nach dessen Abwurf, und zum anderen koppelt er den Sustainer an. Man beachte die Länge des Kopplers, welche hier mehr als 1 Kaliber ist. An dieser Stelle habe ich damals keine Veränderung der Konstruktion vorgenommen, allerdings an einigen Punkten dringend nötige Verstärkungen vorgenommen, auf welche ich noch eingehen werde.

Die Trennung kann grundsätzlich auf drei Arten erfolgen:

1) Passiv durch sogenannte "Drag Separation" (Trennung durch Luftwiderstand)
2) Aktiv durch Zündung der Oberstufe
3) Aktiv durch eine Trenn-Ladung

Drag Separation funktioniert nur zuverlässig, wenn die Verbindung sehr leichtgängig ist und der Booster mehr Durchmesser (und damit Luftwiderstand) hat als der Sustainer.

Trennung durch Zündung der Oberstufe sieht man oft, das ist aber i.m.h.o. Estes-Technik und einer HPR Rakete nicht würdig, auch wenn man das in den USA teilweise sogar mit "N" Triebwerken in der Oberstufe sieht. (Man sieht dort aber auch abstürzende Booster, weil der "N" diesem so stark zugesetzt hatte, dass er keine Lust mehr hatte, seinen Fallschirm auszustossen)

Die einzige saubere Lösung ist eine aktive, gesteuerte Stufentrennung mit nachfolgender Zündung der Oberstufe.
Dies ist gleichzeitig die aufwändigste Lösung.

Im Bausatz sieht PML Trennung durch Zündung der Oberstufe vor. Diese Zündung erfolgt von der Zwischenstufe (Interstage) aus, was nicht meinen Vorstellungen entsprach. Ich wollte eine kontrollierte Stufentrennung und Zündung der Oberstufe erst 1 Sekunde nach Stufentrennung, was eine Verlegung der Zünd-Elektronik in die Oberstufe bedingte. (Siehe Uebersichts-Schema, weiter oben)

In den Flugbildern sieht man schön, wie das funktioniert hat und wie der ausgebrannte Booster im Moment der Oberstufenzündung bereits nicht mehr im Abgasstrahl der Oberstufe ist.

Jürg Thüring / Juli 2005